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Kleinleins Klartext

Die Angst der Aktuare vor Zombies und vor Tolkiens Elben

Die Angst der Aktuare vor Zombies und vor Tolkiens Elben

 11.10.2018  Kleinleins Klartext  0 Kommentare  Axel Kleinlein

Wer mich kennt, der weiß, dass ich sehr gerne ins Kino gehe. Dabei haben es mir ein paar spezielle Genres besonders angetan: Fantasy, Science-Fiction und Horror. Dahinter verbergen sich dann so Filme und Serien wie „Herr der Ringe“, „Star Wars“ und „Star Trek“ oder auch „Paranormal Activities“ und eben auch Zombie-Filme.

Anfang Oktober gibt es immer ein dafür einschlägiges Filmfestival nahe Barcelona, in einem kleinen Ort namens Sitges. Dort werden dann mehrere Hundert derartiger Filme gezeigt. Große Stars defilieren über den roten Teppich und es gibt den berühmten „Zombie-Walk“. Dann verkleiden sich viele der Festivalbesucherinnen und -besucher als Zombies und gehen ihre Route durch den Ort. Das ist immer schön (oder zumindest aufregend) anzusehen und endet dann in einer Party am Strand. Da sind dann schon ein paar Hundert Mitlaufende oder Zuschauerinnen und Zuschauer unterwegs und machen den ansonsten kleinen Ferienort zu einer echten Zombie-Metropole.

Unterwegs in einer Zombie-Metropole

Diesen Samstag war es wieder soweit und die Zombies wankten durch die Gassen. Beeindruckend waren da zum Beispiel ein paar junge spanische Herren, die sich als Zombie-Putzfrauen verkleideten. Die haben sich dann auch noch bis tief in die Nacht herumgetrieben und angefangen, in den dann noch gut besuchten Straßencafés zwischen den Tischen zu feudeln. Sitzt man in so einem Café, kommt das Gespräch unweigerlich auch auf die Zombies zu sprechen.
Komisch wird es dann, wenn man sich gerade eigentlich über den eigenen Beruf unterhält – in meinem Fall eben Versicherungsmathematiker. Und dann stellt sich die Frage, wie sich eigentlich die Versicherungsmathematik zu Zombies verhält – ganz besonders natürlich die Lebensversicherungsmathematik.

Man hat von vornherein das Gefühl, dass es nicht so recht zueinanderpassen möchte. Die erste Vermutung ist natürlich, dass das mit dem Todesfallrisiko bei Zombies sehr schwer zu bemessen ist. Gilt ein Zombie im Sinne der Versicherungsbedingungen als tot? Und wenn ja, kann der Zombie als der ursprüngliche Versicherungsnehmer noch die begünstigte Person ändern und sich dann selbst als begünstigt anmelden? Wenn ja, muss man dann nicht von einem erheblichen Moral-Hazard ausgehen?

Knifflige Fragen

Allein das sind schon sehr knifflige Fragen, die sich am einfachsten so lösen lassen, dass die Verwandlung zum Zombie noch keinen Versicherungsfall darstellt. Dann wird es aber noch viel kniffliger!
Würden Zombies im Sinne der Versicherungsbedingungen als nicht-tot gelten (man spricht ja landläufig auch von Untoten), so würden sich erhebliche Probleme bei Rentenverträgen ergeben. Denn grundsätzlich sind Zombies ja unsterblich und könnten demnach auch Anspruch auf eine unendlich währende Rente erhalten. Wer genügend Zombie-Filme gesehen hat, weiß zwar, dass Zombies meist von jugendlichen Helden vernichtet werden (und dann vermutlich keinen Anspruch auf weitere Rentenzahlungen haben). Dennoch kann es sich möglicherweise lange hinziehen, bis es soweit ist (siehe „The walking dead“).

Die einzige mögliche Reaktion der Versicherungsmathematiker, also der Aktuare, um darauf zu reagieren: Man muss mit besonders langen Rentenbezugszeiten kalkulieren. Profan ausgedrückt heißt das, dass den Kunden eben besonders überzogene Lebenserwartungen unterstellt werden.
Man könnte nun meinen, dass ich mich nicht zu sehr auf das Zombie-Genre kaprizieren solle. Aber auch im Bereich der Fantasy steht man vor ähnlichen Problemen. Man denke nur an die Elben in „Herr der Ringe“. Die sind ja auch unsterblich und können nur gewaltsam ums Leben kommen. Das Problem mit überlangen Rentenzahlungen stellt sich also auch hier.

Das Langlebigkeitsrisiko bei Zombies und Elben

Das Ergebnis dieser Diskussion: Das Langlebigkeitsrisiko ist bei Zombies und Elben besonders ausgeprägt!
Und passend gehen die von der Aktuarvereinigung empfohlenen Sterbetafeln auch von erheblich höheren Lebenserwartungen aus, als es realistisch zu erwarten wäre. Zuweilen sind es mehr als 20 Jahre zu hoher Lebenserwartung, mit denen die Versicherer rechnen! Lange Zeit habe ich vermutet, dass die Versicherer über diesen Trick einfach nur noch mehr Geld aus den Taschen der Kundinnen und Kunden (und bei Riester-Renten aus den Taschen der Steuerzahler) ziehen wollen.
Aber jetzt habe ich endlich die Antwort auf die Frage, warum die Versicherer mit übertrieben hohen Lebenserwartungen kalkulieren: Die Aktuare haben einfach nur zu viel Angst vor Zombies und Elben!

PS: Auch wenn mir aus dem Bereich der SciFi kein analoges Beispiel einfällt, kann zumindest der Gruß der Vulkanier als Aufforderung zu einem hohen Langlebigkeitsrisiko aufgefasst werden „live long and prosper…“

Pressemitteilung des BdV zu überhöhten Lebenserwartungen


Zombie-Walk 2018: Putzfrauen ab etwa Minute 9
Ein anderer Eindruck vom Zombie-Walk, hier aus 2016
Das Original von “Live long and prosper”
Die Fälschung von “Live long and prosper”, am Schluss bei etwa 3:48 Min

 


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